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VGH München verhindert einseitige Auflösung eines beiderseitigen Grenzbaus – Risiken des Genehmigungsfreistellungsverfahrens
Baunachbar blieb nach Abriss einer Doppelhaushälfte mit einer ungeschützten Grenzwand zurück
Mit dem Eilverfahrensbeschluss vom 06.02.2024 hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München ein Neubauvorhaben im Landkreis Lindau am Bodensee (Bayern) gestoppt, indem er die Bauaufsicht im Beschwerdeverfahren verpflichtet hat, zugunsten des von der Kanzlei EIDING RECHTSANWÄLTE (Hanau) vertretenen Baunachbarn einen Baustopp anzuordnen.
Der Bauherr hatte – ohne zuvor eine Abstimmung mit dem Baunachbarn zu suchen – seine Doppelhaushälfte abgebrochen, um auf seinem Grundstück ein freistehendes Einfamilienhaus zu errichten. Infolge des Abbruchs der Haushälfte des Bauherrn blieb die Haushälfte des Nachbarn zurück. Nicht nur lag die bisherige Grenzwand frei und war unzureichend geschützt der Witterung ausgesetzt. Die Haushälfte des Nachbarn war durch das Fehlen der korrespondierenden Hälfte des Bauherrn zu einem baurechtswidrigen Grenzbau geworden, was die künftige Neubebauung auf dem Nachbargrundstück wesentlich erschwert hätte.
Nach dem Abbruch hat der Bauherr mit der Errichtung seines freistehenden Neubaus begonnen. Er hat sich auf den Rat der Gemeinde und des Architekten verlassen, dass der Neubau – ohne Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens – im Wege der Genehmigungsfreistellung nach Art. 58 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) errichtet werden durfte. Auch in der Hessischen Bauordnung (§ 68 HBO) gibt es im Geltungsbereich von Bebauungsplänen das Instrument der Genehmigungsfreistellung, wenn das Vorhaben allen Bauvorschriften entspricht. Die Verantwortung für die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Bauvorschriften – und damit das Risiko für die Richtigkeit dieser Einschätzung – trägt im Außenverhältnis gegenüber der Bauaufsicht der Bauherr.
Der im wahrsten Sinne des Wortes „im Regen stehen gelassene“ Baunachbar hat EIDING RECHTSANWÄLTE um Hilfe gebeten. Nachdem die Bauaufsicht den Antrag auf Einschreiten abgelehnt hat und das erstinstanzliche Eilverfahren beim VG Augsburg noch erfolglos war, hat auf die von EIDING RECHTSANWÄLTE eingelegte Beschwerde der VGH München die Bauaufsicht verpflichtet, den Neubau zu stoppen. Die Bauaufsicht hat daraufhin gegenüber dem Bauherrn die sofortige Baueinstellung angeordnet.
Der VGH hat – der Argumentation von EIDING RECHTSANWÄLTE folgend – die sog. Doppelhausrechtsprechung des BVerwG auf die beiden an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichteten L-Häuser angewendet, die vor 40 Jahren von einem Bauträger nahezu zeitgleich errichtet wurden. Der VGH ist damit der Rechtsauffassung des VG Augsburg entgegengetreten, die beiden Gebäude seien als „zufällig“ aneinandergebaute Einzelhäuser aufzufassen. Der VGH betonte, entscheidend sei, die beiden Haushälften waren in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut gewesen – bis zum einseitig durchgeführten Abbruch des Bauherrn. Durch den Neubau, der nicht wie bisher als Grenzbau, sondern als freistehendes Einzelhaus errichtet werden soll, habe der Bauherr einseitig die zwischen den benachbarten Grundstückseigentümern begründete Schicksalsgemeinschaft aufgehoben. Hierdurch werde das nachbarliche Austauschverhältnis in einem Maße aus dem Gleichgewicht gebracht, das deutlich über das hinausgeht, was dem Baunachbarn zumutbar sei. Hierdurch werde der Baunachbar in seiner Rechtsstellung erheblich betroffen. Gegen das rücksichtslose Bauvorhaben müsse der Baunachbar geschützt werden, weshalb die Bauaufsicht zum Einschreiten verpflichtet sei.
Fachanwalt für Verwaltungsrecht Prof. Dr. Lutz Eiding, der den Baunachbarn in beiden gerichtlichen Instanzen vertreten hat, kommentiert die Beschwerdeentscheidung des VGH so:
„Nachdem die Bauaufsicht darauf gesetzt hatte, der Nachbar könne ja versuchen, sich zivilrechtlich gegen den Bauherrn zu wehren und deshalb ein Einschreiten gegen den Neubau im Wege der Genehmigungsfreistellung abgelehnt hat, ist die VGH-Entscheidung zu begrüßen. Denn sie zeigt, dass die Bauaufsicht ihre Verantwortung bei Vorhaben der Genehmigungsfreistellung nicht gänzlich abgeben darf. Dann, wenn wie hier von EIDING RECHTSANWÄLTE aufgezeigt, ein gravierender Nachbarrechtsverstoß vorliegt, muss die Bauaufsicht zum Schutz des Nachbarn einschreiten, bevor der Bauherr vollendete Tatsachen schafft.“
Veranlasst durch die Beschwerdeentscheidung des VGH München hat der Bauherr sich besonnen und das Gespräch mit den Baunachbarn gesucht. Es bestehen inzwischen gute Chancen, dass einvernehmlich eine Doppelhaus-Bebauungsvariante gefunden wird, die den Interessen beider Parteien gerecht wird. Für das Bauvorhaben soll dann ein Bauantrag eingereicht und eine Baugenehmigung eingeholt werden.
Prof. Dr. Eiding führt hierzu ergänzend aus:
„Dieser Fall ist ein typisches Beispiel dafür, mit welchen rechtlichen und finanziellen Risiken gerade auch für den Bauherrn die Inanspruchnahme der Genehmigungsfreistellung verbunden ist. Der Bauherr trägt das volle Risiko, dass sich im Nachhinein sein Vorhaben als baurechtswidrig erweist. Denn anders als bei Erteilung einer Baugenehmigung ist die Rechtmäßigkeit nicht präventiv in einem Baugenehmigungsverfahren durch die Bauaufsicht geprüft worden. In solchen Fällen kann der Bauherr mit erheblichen Zeitverlusten und auch finanziellen Schäden eines Baustopps konfrontiert sein. Die Einholung eines fachanwaltlichen Rats im Vorfeld ist zumindest in Zweifelsfällen empfehlenswert, um solche unliebsamen Überraschungen zu vermeiden.“
Mit dem Eilverfahrensbeschluss vom 06.02.2024 hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München ein Neubauvorhaben im Landkreis Lindau am Bodensee (Bayern) gestoppt, indem er die Bauaufsicht im Beschwerdeverfahren verpflichtet hat, zugunsten des von der Kanzlei EIDING RECHTSANWÄLTE (Hanau) vertretenen Baunachbarn einen Baustopp anzuordnen.
Der Bauherr hatte – ohne zuvor eine Abstimmung mit dem Baunachbarn zu suchen – seine Doppelhaushälfte abgebrochen, um auf seinem Grundstück ein freistehendes Einfamilienhaus zu errichten. Infolge des Abbruchs der Haushälfte des Bauherrn blieb die Haushälfte des Nachbarn zurück. Nicht nur lag die bisherige Grenzwand frei und war unzureichend geschützt der Witterung ausgesetzt. Die Haushälfte des Nachbarn war durch das Fehlen der korrespondierenden Hälfte des Bauherrn zu einem baurechtswidrigen Grenzbau geworden, was die künftige Neubebauung auf dem Nachbargrundstück wesentlich erschwert hätte.
Nach dem Abbruch hat der Bauherr mit der Errichtung seines freistehenden Neubaus begonnen. Er hat sich auf den Rat der Gemeinde und des Architekten verlassen, dass der Neubau – ohne Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens – im Wege der Genehmigungsfreistellung nach Art. 58 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) errichtet werden durfte. Auch in der Hessischen Bauordnung (§ 68 HBO) gibt es im Geltungsbereich von Bebauungsplänen das Instrument der Genehmigungsfreistellung, wenn das Vorhaben allen Bauvorschriften entspricht. Die Verantwortung für die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Bauvorschriften – und damit das Risiko für die Richtigkeit dieser Einschätzung – trägt im Außenverhältnis gegenüber der Bauaufsicht der Bauherr.
Der im wahrsten Sinne des Wortes „im Regen stehen gelassene“ Baunachbar hat EIDING RECHTSANWÄLTE um Hilfe gebeten. Nachdem die Bauaufsicht den Antrag auf Einschreiten abgelehnt hat und das erstinstanzliche Eilverfahren beim VG Augsburg noch erfolglos war, hat auf die von EIDING RECHTSANWÄLTE eingelegte Beschwerde der VGH München die Bauaufsicht verpflichtet, den Neubau zu stoppen. Die Bauaufsicht hat daraufhin gegenüber dem Bauherrn die sofortige Baueinstellung angeordnet.
Der VGH hat – der Argumentation von EIDING RECHTSANWÄLTE folgend – die sog. Doppelhausrechtsprechung des BVerwG auf die beiden an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichteten L-Häuser angewendet, die vor 40 Jahren von einem Bauträger nahezu zeitgleich errichtet wurden. Der VGH ist damit der Rechtsauffassung des VG Augsburg entgegengetreten, die beiden Gebäude seien als „zufällig“ aneinandergebaute Einzelhäuser aufzufassen. Der VGH betonte, entscheidend sei, die beiden Haushälften waren in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut gewesen – bis zum einseitig durchgeführten Abbruch des Bauherrn. Durch den Neubau, der nicht wie bisher als Grenzbau, sondern als freistehendes Einzelhaus errichtet werden soll, habe der Bauherr einseitig die zwischen den benachbarten Grundstückseigentümern begründete Schicksalsgemeinschaft aufgehoben. Hierdurch werde das nachbarliche Austauschverhältnis in einem Maße aus dem Gleichgewicht gebracht, das deutlich über das hinausgeht, was dem Baunachbarn zumutbar sei. Hierdurch werde der Baunachbar in seiner Rechtsstellung erheblich betroffen. Gegen das rücksichtslose Bauvorhaben müsse der Baunachbar geschützt werden, weshalb die Bauaufsicht zum Einschreiten verpflichtet sei.
Fachanwalt für Verwaltungsrecht Prof. Dr. Lutz Eiding, der den Baunachbarn in beiden gerichtlichen Instanzen vertreten hat, kommentiert die Beschwerdeentscheidung des VGH so:
„Nachdem die Bauaufsicht darauf gesetzt hatte, der Nachbar könne ja versuchen, sich zivilrechtlich gegen den Bauherrn zu wehren und deshalb ein Einschreiten gegen den Neubau im Wege der Genehmigungsfreistellung abgelehnt hat, ist die VGH-Entscheidung zu begrüßen. Denn sie zeigt, dass die Bauaufsicht ihre Verantwortung bei Vorhaben der Genehmigungsfreistellung nicht gänzlich abgeben darf. Dann, wenn wie hier von EIDING RECHTSANWÄLTE aufgezeigt, ein gravierender Nachbarrechtsverstoß vorliegt, muss die Bauaufsicht zum Schutz des Nachbarn einschreiten, bevor der Bauherr vollendete Tatsachen schafft.“
Veranlasst durch die Beschwerdeentscheidung des VGH München hat der Bauherr sich besonnen und das Gespräch mit den Baunachbarn gesucht. Es bestehen inzwischen gute Chancen, dass einvernehmlich eine Doppelhaus-Bebauungsvariante gefunden wird, die den Interessen beider Parteien gerecht wird. Für das Bauvorhaben soll dann ein Bauantrag eingereicht und eine Baugenehmigung eingeholt werden.
Prof. Dr. Eiding führt hierzu ergänzend aus:
„Dieser Fall ist ein typisches Beispiel dafür, mit welchen rechtlichen und finanziellen Risiken gerade auch für den Bauherrn die Inanspruchnahme der Genehmigungsfreistellung verbunden ist. Der Bauherr trägt das volle Risiko, dass sich im Nachhinein sein Vorhaben als baurechtswidrig erweist. Denn anders als bei Erteilung einer Baugenehmigung ist die Rechtmäßigkeit nicht präventiv in einem Baugenehmigungsverfahren durch die Bauaufsicht geprüft worden. In solchen Fällen kann der Bauherr mit erheblichen Zeitverlusten und auch finanziellen Schäden eines Baustopps konfrontiert sein. Die Einholung eines fachanwaltlichen Rats im Vorfeld ist zumindest in Zweifelsfällen empfehlenswert, um solche unliebsamen Überraschungen zu vermeiden.“
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